Erneuerbares ...

puttrich

Umweltpsychologin Rau

Soziologe Dr. Pfenning

Statement BI-Holzhausen

Frage Bad Endbach

Innerhalb der Veranstaltungsreihe zur Akzeptanzinitiative des Hess. Umweltministerium zu Erneuerbaren Energien an der u.a. Umweltministerin Puttrich und Reg.Präsident Wittek teilnahmen, hatte die BI-Holzhausen am 15. Aug. 2012 Gelegenheit auf unser Anliegen am Hilsberg aufmerksam zu machen. In 4 Fachvorträge u.a.  zu Energieeffizienz und Wege zur kommunalen Wertschöpfung waren die Aussagen zweier Fachreferenten für uns von besonderer Bedeutung.

Irina Rau, Dipl. Psych. der Forschungsgruppe Umweltpsychologie der Uni Magdeburg stellt in ihrem Beitrag zur Bürgerbeteiligung und Akzeptanz beim Ausbau Erneuerbarer Energien aus sozialwissenschaftlicher Sicht die Unerlässlichkeit der Bürgerbeteiligung besonders heraus. Die Ebenen der Bürgerbeteiligung werden an folgendem Schaubild deutlich:

rau buergerbeteiligung

Zu den wesentlichen Kriterien der Bürgerbeteiligung gehören:

  • Aufbau von Vertrauen in die Maßnahme
  • Fairness, Transparenz und Information
  • Glaubwürdigkeit der Planungsbeteiligten
  • Gerechtigkeit spielt eine zentrale Rolle
  • - im Hinblick auf das Verfahren
  • - der Verteilung (regionale Gerechtigkeit)
  • - im Umgang miteinander

 

Eine gute Projektplanung belegt Frau Rau als Akzeptanzempfehlung schlagwortartig mit folgenden Attributen: Hinsichtlich der Standortwahl müssen gewahrt werden

  • Abstände und Sichtbarkeit der Anlagen
  • Die Widersprüche zu regionalen/individuellen Interessen (z.B. Tourismus, Immobilienwerte) müssen aufgedeckt werden
  • Ortsidentität ist zu wahren, sensible Orte sind zu meiden

In ihren Empfehlungen drückt Frau Rau weiter aus:

  • Wissen vermitteln, Transparenz wahren , Vertrauensbasis schaffen
  • mehr Beteiligungsmöglichkeiten möglichst früh im Prozess & auf allen Stufen schaffen. Hierzu gehören
  • Austausch der Akteure und Perspektivenabgleich
  • Professionelle Begleitung durch allparteiliche Person

 Im sich anschließenden Vortrag Dr. Uwe Pfennings, wissenschaftlicher Leiter beim Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) mit dem Forschungsschwerpunkt Energie- und Umweltsoziologie, wurde zunächst der Wandel der Energieversorgung in historischen Zusammenhang erklärt. Nach den Großkonzernen, die in der unmittelbaren Vergangenheit für die Energieversorgung sorgten, ist nunmehr der Bürger mitverantwortlich, hinsichtlich Energieeffizienz und Energiesuffizienz (d.h. Einsparbereitschaft, bewusster Umgang mit Strom, Bereitschaft zur Energiewende). Mit diesem Umstieg sei gleichzeitig ein erhöhter Wissenstransfer über die Zusammenhänge mit der Stromversorgung nötig (Netzstabilität, Grundlast, Speicherkapazitäten etc.). In der Konsequenz sei daher eine Technikmündigkeit in der Bürgerschaft notwendig.

 Aus seinen kritischen Worten zur Vergangenheit in der Energieversorgung, leitet Herr Dr. Pfenning nunmehr die Ziele in der Bürgerbeteiligung zur Energiewende ab:

  • Innerhalb demokratischer Verfahren und Prozeduren ist eine aktive Bürgerbeteiligung notwendig (Bürgerumfragen zur Akzeptanz)
  • Jedes Argument zählt in diesem gesellschaftlichen Diskurs
  • Über die Weisheit der Vielen kommt es zu sachgerechten Lösungen

Sein Design zur Bürgerbeteiligung sieht folgendermaßen aus:

 

design beteiligung

Anhand eines Projektes erläuterte Dr. Pfenning die aktive Form der Bürgerbeteiligung in Rottweil-Hausen und erläutert auch dessen anfängliches Scheitern, weil man eine bestimmte Fragestellung nicht beachtet hat. Unter wissenschaftlicher Begleitung in Zusammenarbeit mit Bürgergutachtern, Naturwissenschaftlern, Ingenieuren, Soziologen, in Bürgerversammlungen wurde schließlich in einer ca. 3-jährigen Laufzeit des Projektes ein für alle befriedigendes Ergebnis erzielt (Projektetat 350.000 Euro, Kosten der Bürgerbeteiligung ca. 15.000 Euro).

In der sich anschließenden Diskussion konnten wir als BI-Holzhausen in einem Statement unsere Form der Bürgerbeteiligung formulieren:

  •  Keine Informationen zum Zielabweichungsverfahren
  • Aus einem Ausschlussgebiet für Windenergieanlagen („Vorranggebiet für Forstwirtschaft“, „Vorbehaltsgebiet für besondere Landschaftsbildfunktionen“, „Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft“, „Historische Kulturlandschaft der Kategorie I“, „Landschaftsraum mit sehr hohem Potenzial für das Landschafts- und Kulturerleben“, „Avifaunistischer Schwerpunktraum“, Naherholungsgebiet für Holzhausen und Umgebung (Loipe, Wanderwege, Joggingstrecke ect.) wird eine Konzentrationszone für Windenergieanlagen ohne Bürgerbeteiligung. Der Bürgermeister Bad Endbachs formuliert: „Ich wäre doch der Oberdepp, hätte ich die Leute vorher informiert“.
  • Zwei Monate nach Bekanntwerden der Pläne werden 600 Unterschriften in Holzhausen gesammelt mit der Bitte, in Kontakt zu treten und die Pläne zu überdenken. Ergebnis: Keine Reaktion.
  • Weitere 3 Monate später gründet sich die BI-Holzhausen (1900 Einwohner) mit 1300 Mitgliedern.

Neben dieser stattfindenden Form der „Bürger-NICHT-beteiligung“ erlebten wir, wie nach „Recht und Gesetz“ dieses Projekt durchgedrückt werden soll:

  • Nach wochenlanger Mediation entpuppt sich ein scheinbarer Mediationskompromiss als Mediationsmanipulation. Noch während der Mediation wird eine Rodungsgenehmigung mit Sofortvollzug und vorzeitiger Baugenehmigung durch das Regierungspräsidium Gießen erteilt.
  • Am Rodungstag wird diese ½ Tag später durch ein VGH-Urteil aus Kassel gestoppt. Die BI wird in eine despektierliche Position manövriert --> Hundertschaften von Polizei werden zur Rodung mobilisiert.
  • Nun, ½ Jahr später nach dem projektierten Baubeginn, laufen immer noch die Artenschutzgutachter Bad Endbachs durch den Wald und hängen Fledermausfangnetze auf.
  • Wie geht es nach Recht und Gesetz weiter: Holzhausen hat ein Reines Wohngebiet mit 35 dB(A). Das passt nicht in die Landschaft, weil die Schallwerte der Anlagen überschritten werden. Was macht man: Im Zuge der gegenseitigen Rücksichtnahme wird aus dem ehemaligen Ausschlussgebiet für Windenergieanlagen ein industrienahe Zone mit erhöhten Schallwerten bis zu 42,5 dB(A). Recht und Gesetz passt nun wieder.

 

Reg. Präsident Dr. Wittek und Umweltministerin Puttrich schwiegen zu unserem Statement.

Nach unserem Statement zur tatsächlichen Bürgerbeteiligung und dem erlebten Verfahren nach „Recht und Gesetz“ stellte der Chefplaner und Verfahrensbeteiligter der Gemeinde Bad Endbach die Frage, ob „eine Grenzbebauung denn auch unter die Bürgerbeteiligung der Nachbargemeinden fallen würde“. Zu dieser Frage antworteten die Experten Irina Rau und Dr. Uwe Pfenning, die die aktive Bürgerbeteiligung befürworteten, mehrfach übereinstimmend: „Auch in diesem Fall ist die Gemeinde übergreifende Zustimmung zu einem solchen Projekt einzuholen. In einer solch prekären Situation wie der zwischen Bad Endbach und Dautphetal-Holzhauses, sollte man besser auf die Realisierung des Projektes verzichten.

Aus dieser Betroffenheit fordern wir Gerechtigkeit für die Holzhäuser Bürger ein – wir sind gesprächsbereit.